Dirk Bernemann Interview 2013

Geschrieben von Nadja Koitzsch am . Veröffentlicht in Interviews

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Autor Dirk Bernemann - Das Interview 

 
Dezember 2013
 
 
„Mit Absicht schlechte Musik hören heißt mit Absicht scheiße sein“

  

Dirk Bernemann: Buchautor, Musiker und Mensch, der, neben seinem Erstlingswerk, der Trilogie „Ich hab die Unschuld kotzen sehen“, noch durch weitere gesellschaftskritische Romane wie „Trisomie so ich dir“ und „Asoziales Wohnen“ die Literaturszene aufmischte wie kein Zweiter. Der charismatische Herr Bernemann beehrte wieder einmal das gut gefüllte Leipziger Helheim mit  seinen Texten und Hell-Zone ließ es sich nicht nehmen, in der Pause, den Meister des Anti-Pop-Genre persönlich zu seinem neuen Buch, Soloalbum und Zukunftsplänen zu befragen.

 

 


HELL-ZONE (HZ): Hallo Dirk! Wie geht es dir?
Dirk:Mir geht es sehr gut. Ich hatte eine angenehme Anreise und auch die erste Hälfte der Lesung war meinen Erwartungen entsprechend harmonisch.
  

HZ: Bist du eigentlich gerne in Leipzig?
Dirk:Absolut! Ich freue mich immer, wenn ich in Leipzig lesen darf. Außerdem habe ich hier auch ein paar gute Freunde.
 

dirk-bernemann-ich_hab_die_unschuld_kotzen_sehen.jpgHZ: Was verbindest du mit Leipzig?
Dirk: Zum allerersten Mal in Leipzig war ich zur Buchmesse. Das ist auch heute noch meine große Assoziation. Mittlerweile habe ich Leipzig von den verschiedensten Ecken und den verschiedensten Zuständen kennengelernt. Ich finde es eine sehr großartige und lebendige Stadt. Ich empfinde immer sehr positive Gefühle, wenn ich herkomme. Das kann aber auch an meinen Leipziger Freunden liegen, die diese Stimmung auf mich applizieren.
 

HZ: Kommen wir auf dein nächstes Buch zu sprechen. Hat das Kind denn schon einen Namen?
Dirk: Ja, es gibt einen Titel. Das Buch wird „Die Zukunft ist schön“ heißen und im Unsichtbar-Verlag erscheinen.
 

HZ: Erwartet den Leser ein Roman oder ein Kurzgeschichtenband?
Dirk: Es ist ein Roman, der aber sehr stark mit meinem Frühwerk differiert. Ich habe dieses Mal eine sehr einfache klare Sprache benutzt und dabei sehr viel politische Theorie eingebaut, die im Kontext Sinn macht. Es ist eben eine Utopie – eine positive Zukunftsvoraussicht.
 
 

HZ: Wann wird denn dein mittlerweile 9. Roman erscheinen?
Dirk:Mit aller Wahrscheinlichkeit Mitte oder Ende Januar 2014.

HZ: Worum geht es inhaltlich in "Die Zukunft ist schön"?
Dirk: Also, ich habe eine Utopie geschrieben. Die Welt in 113 Jahren. Was kann sich alles zum Positiven verändern, wenn man einfach alles, was an Kapitalismus so da ist, überwindet und das habe ich in diesem Buch als Vision dargestellt. Ich habe einfach behauptet, dass es möglich ist, die Welt in 113 Jahren in einen absolut schönen und lebenswerten Ort für alle Menschen gleichermaßen zu machen. Das wird in diesem Buch, so hoffe ich, deutlich.
 

HZ: Du hattest vor geraumer Zeit verkündet, dass du beim nächsten Buch vollständig auf Sarkasmus und Ironie verzichten willst. Bezog sich diese Aussage auf „Die Zukunft ist schön“?
Dirk: Dabei ging es eigentlich nicht um dieses Buch, weil ich das Projekt so dazwischen geschoben habe. Zu dem ist es da auch so, dass ich wirklich ohne Ironie auskomme; auch ohne eine ironische Übersteigerung von Sprache. Ich habe wirklich einfach nur Klartext gesprochen. Bei politischer Theorie ist es auch so, dass man da nicht so eine elitäre Sprache benutzt bzw. möchte ich das vermeiden. Ich will, dass jeder Mensch, egal mit welcher Bildung, das Buch versteht. Deswegen habe ich es sehr vereinfacht und es vollkommen witzlos gestaltet. Viel mehr ist es eine Erzählung, wie man zu einer gesünderen, harmonischeren und intelligenteren Welt kommen kann.
 

HZ: So eine Art „Ratgeber“?
Dirk: Im Idealfall kann man es als Ratgeber sehen, aber so weit würde ich nicht gehen, dass ich einen Ratgeber schreibe.
 

HZ: Wie schätzt du die Reaktionen deiner Fans ein?
Dirk:  Es wird, wie ich bereits erwähnt habe, etwas Neues sein. Nicht vergleichbar mit den Sachen, die ich vorher gemacht habe. Von daher bin ich halt sehr gespannt, wie die Reaktionen sind. Das kann man als Autor generell immer schlecht abschätzen. Vor jedem Buch war es bei mir immer so, dass ich immer aufgeregt war, wenn das Buch raus kam und immer auch auf die ersten Rezensionen und die ersten Meinungen gespannt war. Ich bin einfach sehr gespannt, was meine Leser davon halten.

Dirk Bernemann - Foto: Sophia VogelHZ: Neben der Ankündigung deines neuen Buchs, gab es zusätzlich die Information, über deine Facebook-Seite, dass du ein Soloalbum gemacht hast. Wie kam es denn dazu?
 
Dirk:Ich habe einen Typen namens Daniel Morgenroth in Berlin kennengelernt, der ein schönes Home-Studio hat und bin einfach nur mit einem Textblatt zu ihm gelaufen und habe dann innerhalb von acht Stunden aus dem Textblatt einen Song gemacht. Das Ergebnis war ein mega pompöses Ding, mit einer megafetten Soundwand, die ich da kreiert habe; mit meinen Texten, die ich dort spreche und in gewisser Weise auch singe. (kichert)
Noch ist die Platte nicht draußen. Sie wird aber, denke ich, im Januar oder vielleicht auch schon im Dezember erscheinen.
Ich habe schon immer Musik in verschiedensten kleinen Projekten gemacht. Ich wollte aber mal ein Album machen, auf dem ich quasi jedes Instrument selbst einspiele. Das war so die Grundidee.
  

HZ: Die Platte soll „Mit Absicht schlechte Musik hören heißt mit Absicht scheiße sein“ heißen. Was verstehst du denn unter schlechter Musik?
 
Dirk:Schlechte Musik kann nur subjektiv empfunden werden. Ich kann nicht daherkommen und sagen, schlechte Musik ist alles außer meiner Musik. Das wäre mega arrogant und so bin ich nicht. Ich sage, schlechte Musik ist einfach ein subjektives Gefühl und ich gehe da eher so auf dieses DIY-Gefühl zurück, dass ich denke, dass die Musik nur gut empfunden werden kann, wenn man sie komplett selber irgendwie in der Hand hatte. Komplett jedes Instrument, dass auf dem Album zu hören ist, habe ich selber eingespielt und das ist für mich so ein positives Gefühl gewesen, dass ich darüber schon mega glücklich bin.
  

HZ: Du bezeichnest deine Musik als „Spoken-Word-Music“. Woher stammt diese Bezeichnung?
 
Dirk:Also mein Produzent bezeichnet es als „Literaturmusik“. Diesen Begriff finde ich auch sehr interessant. „Spoken-Word“ steht in Verbindung mit Elektrobeats und dass die Leute rappen oder Storytelling machen. Ich habe eine relativ postrockige Kulisse dazu entwickelt. Was ich musikalisch kann, ist eventuell nicht viel, aber es hat mir gereicht, um mir ein gutes Gefühl zu geben. Und zu der Kategorieforschung... „Spoken-Word“ gibt es ja schon als Label und da ich ja selber Autor bin, ist natürlich auch der Textgehalt einigermaßen dicht und groß.
  

HZ: Kann man in Zukunft vermehrt mit musikalischen Projekten/Werken von dir rechnen?
 
Dirk:Das ist bisher erst mal nicht weiter geplant. Ich will erst mal diese Platte rausbringen und dann mal weitergucken, wie es so läuft. Ich werde damit nicht auftreten, denn dazu bräuchte ich eine richtige Band aus mindestens sieben oder acht Leuten, die wirklich jedes Instrument darstellen können, aber das kann ich so nicht machen. Man müsste endlos proben dafür. Wie es weitergeht - keine Ahnung. Musikalisch kann ich da nicht so weit in die Zukunft gucken.

HZ: Rückblickend auf das Jahr 2013 – bist du zufrieden?
Dirk: Meine Lesetouren waren nicht immer durchweg erfolgreich, aber dafür charmant, wie immer. Ich freue mich jedes Mal, wenn man mich auf der Bühne lesen und einfach quatschen lässt. Das finde ich gut. Dazu gehört schon manchmal Mut von mir, wie auch von den Veranstaltern. Ich finde es dennoch gut, dass es so eine Kultur gibt, wo man auf kleinen Bühnen noch so etwas ausüben kann, wie ich es tue.
 

HZ: Was wünscht du dir für das nächste Jahr?
Dirk: Ich wünsche mir Gesundheit und das auch alle meine Freunde und meine Familie gesund bleiben. Ich wünsche mir, dass mein Buch einigermaßen wahrgenommen wird. Ich wünsche mir so ein entspanntes Leben, wie in diesem Jahr. Ich habe zwar viel gearbeitet, aber hatte auch viele Entspannungsphasen, die mir gut taten. Das wünsche ich mir weiterhin.

HZ: Gibt es noch andere konkrete Pläne außer Buch- und Albumveröffentlichung für 2014?
Dirk: Ja. Das Theaterstück zu „Ich hab die Unschuld kotzen sehen 1“ fand dieses Jahr in Berlin statt und wir wollen auch noch den zweiten Teil im Sommer, nächsten Jahres, nach Berlin holen. In München, am Theater, lief das Stück sehr gut und wir wollen das gerne nochmal nach Berlin und vielleicht sogar auch nach Leipzig und Dresden holen. Mal gucken, wie es so läuft und wie  die Resonanz der Theater so ist.
 

HZ: Vielen Dank für das Interview!
 
Dirk Bernemann im Netz:
http://dirkbernemann.blogspot.de

 

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