ADVANCED ELECTRONICS Berlin - 2008 - Review

Geschrieben von Grit R. am . Veröffentlicht in Photoreports 2008

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ADVANCED ELECTRONICS FESTIVAL
Berlin - Kesselhaus 09.10.2008
Akanoid ++ Santa Hates You ++ Solar Fake ++ Sono ++ Mesh ++ Fixmer/McCarthy

Im Rahmen der international bekannten Musikmesse Popkomm fand auch in diesem Jahr wieder das ADVANCED ELECTRONICS Festival im Kesselhaus der Kulturbrauerein in Prenzlauer Berg statt, wo die Liebhaber elektronischer Klänge wieder voll auf ihre Kosten kommen sollten.


 

SANTA HATES YOU  

Die kuschelige Monsterband mit einem PS und ganz viel Jinxy. So lauten die Künstlernamen der beiden schick herausgeputzten Musiker, wenn sie als Monster AG unterwegs sind. Im wahren Leben reicht ein „Hallo Peter, Hallo Laura“ um ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Als Musikprojekt sind sie es, die Beachtung erregen wollen. Zitat: „Wir schleichen uns für kurze Zeit in die Spielzeugkisten der Welt und sorgen für eine neue mentale Choreographie.“
Fast genau ein Jahr ist es nun her, dass sie mit ihrem Debütalbum "You're On The Naughty List" auftauchten. Seitdem touren sie erfolgreich durch die Welt. Unlängst waren sie in England, davor auf dem Wave-Gotik-Treffen, im stillen Süden der Republik und jedes Mal infizieren sie neue Fans mit ihren extrem tanzbaren Songs in Sonderformat "extra lang" und den humorvollen sowohl tiefsinnigen Texten in drei Sprachen.
Wo dieser Stil herkommt, weiß man, wenn man sich die Umgenung anschaut in der SANTA HATES YOU aufwuchs..Dazu nimmt man einfach die Lupe, die PS jedes Mal zur besseren Verdeutlichung seiner Lyrics auf der Bühne zückt und schaut selber nach. Der Hinweis versteck sich in hinter den PS-eudonym.
 

 SOLAR FAKE

„Konsequent elektronisch“ möchte SOLAR FAKE Mastermind Sven Friedrich sein Projekt verstanden wissen. Die Komposition und die Texte stammen aus seinen Gedanken, denn dies ist und bleibt nun mal sein eigenes Projekt, nachdem er bislang eher ein Teamplayer war. Die unverwechselbare Stimme, die zum Erfolg der DREADFUL SHADOWS und ZERAPHINE maßgeblich beigetragen hat, wird für SOLAR FAKLE aber fast gar nicht elektrifiziert. Was ursprünglich bedeutet: Bereitstellung der Infrastruktur zur Versorgung mit elektrischem Strom, gilt hier als Verbindung zum Publikum. Die Themen die er so musikalisch verarbeitet, die alle aus den dunklen Tiefen der Menschlichen Seele zu stammen scheinen, wie Betrug, Verrat, Boshaftigkeit und Einsamkeit, lässt er ungefiltert, ohne zwischengeschaltete Vokal-Technik ins Ohr gleiten. Allein bei "Keep My Eyes Shut“ kommen Effektgeräte zum Einsatz.
Nur das Ohr reicht ihm nicht zum bearbeiten, es gibt massiven optischen Informationseinsatz im Hintergrund auf großer Leinwand. Alles selber erstellt und bearbeitet. Natürlich. Durch diese Kombination erhält das kleine Electroprojekt einen wunderbaren Glanz und dürfte sich auch die nächsten Jahre durch viele weitere gute Livegigs auszeichnen. Vielleicht mit noch etwas feinerer Trennung durch ausgefeilte Stimmenmodulation.    

SONO

Die Chartstürmer aus Hamburg haben durch ihre vielen, vielen, viiielen verbesserten Remixe bekannter Dancefloorhits (bspw. für ICH + ICH) aller Orts von sich Reden gemacht. In schwarzen Szene-Clubs gelten sie immer noch als eine Art Geheimtipp auch wenn einer der bekanntesten Songs "Keep Control“ regelmäßig für volle Tanzflächen sorgt.  Der charmante Sänger Lennart A. Salomon sowie Soundbastler / Produzent Martin Weiland und Florian Sikorski brachten uneingeschränkt gute Laune ins Kesselhaus. Kaum einer der stillstehen konnte während des Sets. Ihre Kunst ist es viele Geschmäcker aufs trefflichste zu bedienen, mit Einsatz feinster Synth-Strukturen, Gitarrenspielereien, kurzen prägnanten Texten und sehr angenehmer Stimme. Es liegt wirklich etwas Unverwechselbares in ihrer Musik, old School mit modernem Rahmen. Was mich persönlich etwas störte, um es mal mit 'nem Songtitel zu sagen "Always Something Missing“: Grad ist man noch am schwofen und tanzen und wartet noch mal auf den riesen Wumms, wo alles noch mal nach vorn geworfen wird, wo man noch mal die Energie in den Beats freilässt doch der Livetrack läuft einfach aus, wird leiser und Ende. Hm... irgendwie unüblich, etwas partykillend. Womit wir bei ihrem „2000 Guns“-Rmxsong von ADAMSKI's „Killer“ (wir erinnern uns alle an Seal mit Haaren?) sind. Hier wird dafür deutlich gezeigt, wie’s auch geht. Kurze Pause und dann bricht alles noch mal los, Hände in die Luft und abfeiern. Mit Sono holt man sich auf jeden Fall eine 1A Tanzband ins Haus!
MESH

 
Es schien, als wären die drei Briten heute trotz ihrer Vize-Pole-Position tatsächlich der heimliche Headliner des Festivals. Scheinbar spielend schafften sie es, die Massen vor die Bühne zu locken, da zu halten und zum Mitschunkeln und Tanzen zu bewegen… in Berlin… an einem Donnerstag! Respekt!
Man kann aber auch einfach nicht teilnahmslos stehen bleiben bei Ohrwürmern wie „It Scares Me“, „Friends Like These“ oder „Leave You Nothing“. Das sind Hooklines, bei denen das Tanzbein quasi von selbst zu schwingen beginnt, während die Texte mitten ins Herz treffen. Alles in allem strahlt die Musik so einen Charme aus, dem man sich – sofern man denn mit gut gemachtem Synthiepop etwas anfangen kann – einfach nicht entziehen kann. Untermalt wurde der aktustische Teil von einer eindrucksvollen Video-Performance, die zusammen mit der farbenkräftigen Ausleuchtung der Bühne auch die Herzen der Fotografen erfreut haben dürfte. Die Spielzeit von einer knappen Stunde, während welcher die Band ihr Publikum gut gelaunt und 150% gebend vortrefflich unterhielt, verging so wie im Fluge und anders als im Vorhinein erwartet, sollte damit auch der Siedepunkt des Abends erreicht worden sein. 
 
Setlist:
01. What Are You Scared Of
02. People Like Me 
03. Leave You Nothing
04. Not Prepared
05. It Scares Me
06. Friends Like These
07. Crash
08. Everything I Made
09. From This Height
 
 
 
FIXMER/MCCARTHY 
 
Bis dato kannte man sie als hundertprozentigen Garanten für ungebrochen ausgelassene Stimmung von der ersten bis zur letzten Konzertminute. Diesem Ruf wurden FIXMER/MCCARTHY am heutigen Abend leider nicht gerecht. Schon während des Openers „Love The Night“ begann man sich ernsthaft zu fragen, ob Mr. McCarthy heute vielleicht einfach keine Lust auf einen Auftritt hatte. Seine Bewegungen muteten ziemlich kraftlos und müde an und die Hoffnung, dass dies vielleicht doch nur Anlaufschwierigkeiten sein könnten, schwand mit der Dauer des Konzertes mehr und mehr dahin. Auch das Publikum schwand nach und nach und es wurde leerer vor der Bühne. Mir ist zumindest kein anderes bisher erlebtes Konzert dieser Formation in Erinnerung, bei dem man mittig im eigentlichen Hexenkessel noch hätte bequem stehen können oder als Fotograf unbehelligt, schnell und problemlos von einer zur anderen Seite wechseln konnte. Heute hatte man zu all dem die Gelegenheit. Nicht mal Kracher wie „And Then Finally“, „Look To Me“ oder das immer wieder gern live dargebotene NITZER EBB Stück „Control I’m Here“ vermochten das Ruder noch herumzureißen. Da war man schon fast froh, als der Spuk nach einer knappen Stunde sowie einer Zugabe, nach der auch eher halbherzig verlangt wurde, schon wieder vorbei war. Man kann nur hoffen, dass dies ein Ausrutscher war, einfach nur ein mieser Tag und man FIXMER/MCCARTHY nie noch einmal so schlecht erleben muss.  
 
 
Bericht: Cara + Grit R. 
Copyright Fotos: Grit Rümmler
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