RECOIL - Berlin - 2010 - Bericht

am . Veröffentlicht in Photoreports 2010

RECOIL + PAUL KENDALL + SUNROOF 
 
Berlin - Meistersaal - 19.03.2010
 
 
 
Schauplatz Meistersaal der Hansastudios Berlin. Welcher Ort könnte in dieser Stadt geeigneter für das Konzert von RECOIL alias Alan Wilder sein, nahm er doch genau hier Anfang der 80er Jahre gemeinsam mit DEPECHE MODE das Album „CONSTRUCTION TIME AGAIN“ auf. Und er kehrte nicht allein hier her zurück, sondern brachte gleich noch ein paar weitere Mute-Familienmitglieder mit:
Gareth Jones und Label-Boss Daniel Miller, die an der Produktion der frühen DEPECHE MODE Alben bis zu „BLACK CELEBRATION“ maßgeblich beteiligt waren und so auch während der Aufnahmen zu „Construction Time Again“ mit in Berlin weilten.
 

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Copyright Fotos: Grit R.


 
 SUNROOF Berlin 2010Die beiden Herren bestritten unter dem Namen SUNROOF auch den Auftakt des heutigen Abends und entlockten nach einer vollmundigen Ankündigung Alan Wilders höchstpersönlich, ihren Macbooks und diversem anderen technischem Spielzeug groovige Electrobeats, die sich als äußerst geschickt zusammengefrickelter Mix des DEPECHE MODE Albums „Construction Time Again“ entpuppten. Das Publikum wurde beim Vernehmen bekannter Passagen natürlich auch gleich etwas lauter. Über die große Videoleinwand flimmerte derweil eine Fotopräsentation in Endlosschleife, die biedere Alpen-Idylle zur Schau stellte: das Matterhorn. Von rechts und von links, in bunt und in sepia, mit Wolken und ohne, mit Bergdorf, mit Sonne, mit Blümchen, mit Bäumen und mit Nebel brannte es sich in die Netzhaut der Anwesenden. Nun gut, über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten.
 
Alan Wilder Berlin 19.03.2010Unumstritten gut, wenn auch für viele Fans sichtlich unerwartet, kam auf jeden Fall die kleine Frage- und Antwortrunde im Folgenden an, die von Anne Haffmanns [Mute Germany] eingeleitet, moderiert und teils übersetzt wurde. Und natürlich kam, was kommen musste, die anscheinend unausweichliche Frage für so manchen DEPECHE MODE Fan nach einer Rückkehr Alans Wilders, unterstrichen durch ein doch geringfügig inadäquates selbstgebasteltes Transparent. Dass man hier eine Antwort schuldig blieb, ist wohl nur einleuchtend.
Dafür wurden einige Fragen zur damaligen Produktionszeit in Berlin beantwortet und man erfuhr zum Beispiel, dass man unter anderem hin und wieder sehr gern im Club Linientreu weilte, eine gewisse Leidenschaft für „deep fried camembert“ (gebackener Camembert) entwickelte, den man vorher so nicht kannte und die Gegend um die Hansa-Studios, gelegen im damaligen Westberlin nahe der Mauer, so ganz anders und viel trostloser als heute anmutete. Ob jedoch Martin Gore tatsächlich den Song „Somebody“ nackt im Studio zum Besten gegeben hat, bleibt auch weiterhin ein kleines Geheimnis.
Auffällig war, dass Fragen zu RECOIL sich gänzlich vermissen ließen und irgendwie wurde man während dieses Events dann doch den Eindruck nicht so Recht los, dass Alan Wilder von vielen anwesenden Fans weniger als Solokünstler gesehen wird, sondern eben eher als „der Typ, der mal bei DEPECHE MODE dabei war“ gehandelt wird.
Genau aufgrund dieses Eindrucks hätte man sich fast wünschen können, dass in seinem folgenden live-Set die RECOIL-Version von „Never Let Me Down Again“ vielleicht lieber außen vor geblieben wäre.
Das Mr. Wilder als Solokünstler mit Bravour bestehen kann, beweist er schließlich mittlerweile seit Jahren und so auch am heutigen Abend. Gemeinsam mit Paul Kendall nahm er hinter einem "Apfel-gekrönten" Tisch voller Technik Platz und von da ab konnte sich der Zuschauer quasi gänzlich in die Performance fallen lassen.
Durchweg kraftvoll, treibend und in einer unglaublichen klanglichen Vielschichtigkeit präsentierte sich das Gehörte. Keiner der gespielten Songs wurde schlicht in der Albumversion dargeboten, sondern das Publikum stets mit einem Mix erfreut. Die äußerst kreativ und fesselnd gestalteten Videoprojektionen ergänzten das Ganze optisch in Perfektion und hinterließen einen düster-sphärischen Gesamteindruck. Was könnte zum Beispiel auch besser zur Stimmung eines Stückes wie „Want“ passen, als Bildwerk von Meister H.R. Giger höchstpersönlich?
 
Diese akustisch-optische Flut ließ beinahe vergessen, dass sich die Herren Kendall und Wilder die ganze Zeit über nur an ihren Maschinen aufhielten und der ganze Gig eher einem DJ-Set ähnelte. So gesehen konnte man schon hin und wieder eine Gesangsstimme vermissen.
In Gesamtheit gesehen, kann man dies aber auf jeden Fall einen rundum gelungen Abend nennen, der einem eindrucksvollen und geschichtsträchtigen Ort wie dem Meistersaal sehr gerecht wurde.

 

 
 
 
 
 
 

 
 

 
 

 

 

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