Auf Tuchfühlung mit Dave Gahan in Berlin: Bei seinem einzigen Deutschland-Konzert stellte er nach eigener Aussage den „Soundtrack seines Lebens“, live einem vergleichsweise sehr kleinen Publikum und im Rahmen eines „Telekom Street Gig“ gleichzeitig einem potentiellen Millionen-Publikum online vor.
Für die aktuellen Konzerte zur Veröffentlichung von Imposter hatte sich die Musik-Ikone exklusive Konzertsäle herausgepickt. Drei Konzerte durften die Briten in der „Westminster Central Hall“ in London (03.12.2021), im „London Coliseum“ in London (05.12.2021), sowie im „O2 Shepherd's Bush Empire“ in London (07.12.2021) erleben und ein Konzert die Franzosen im „Salle Pleyel“ in Paris (10.12.2021).
Nun also kündigte man für den 13. Dezember 2021 eine einzige Show zur Live-Präsentation vom Album „Imposter“ mit ausschließlich Coverversionen in Deutschland an. Die Wahl fiel hier auf den ehrwürdigen Admiralspalast in Berlin.
Mitten in Corona- Zeiten ein zumindest nicht leichtes Unterfangen, wenn man vor Publikum spielen möchte. In Berlin wurde es unter Einhaltung strenger Regeln möglich. Die Tickets wurden durch MagentaMusik360 und einzelne Radiostationen verlost und nicht verkauft. Ganz klar, konnte die Durchführung nur unter den aktuell in Berlin geltenden Regeln (2G+ genannt) erfolgen. Die letzte Tour mit Depeche Mode ging vor über drei Jahren, im Sommer 2018 zu Ende. In den letzten Jahren mittlerweile fast zwei Jahren gab es sowieso wenig Konzerte. Umso spezieller und als in dieser Pandemie-Zeit zwangsentwöhnter Konzertgänger und Musikfan schon fast etwas surreal, erschien praktisch diese Gelegenheit eines Livekonzerts. Die Veranstalter packten es an.
Kurzfristig bekamen wir von HELL-ZONE die Gelegenheit als Pressevertreter dabei zu sein. Ein echtes Konzert in 2021 und dann noch solch ein Highlight. Das kommt einem vorgezogenen Weihnachtsgeschenk gleich. Nichts wie auf nach Berlin, um es auszupacken!
Zwei Stunden vor Einlass biege ich in die Friedrichstraße ein. Was für ein feiner Anblick: Da steht doch tatsächlich und von weitem bereits erkennbar, vor dem Eingang zum Hinterhof Nummer 101 eine größere Gruppe vornehmlich Schwarzgekleideter. Was für ein Gefühl, diese Spannung vorm Konzert zu spüren. Geduldig eingereiht, hieß es nun Warten und ein wenig Smalltalk mit den umstehenden Fans führen. So verging die Wartezeit sehr schnell. Vereinzelt wurde nach Tickets gefragt. - Ein Fan war zum Beispiel auf gut Glück aus Großbritannien angereist und hoffte auf eine der Karten. Ob es ihm letztlich glückte, ist nicht überliefert…
Mit Depeche Mode hat er über hundert Millionen Alben verkauft und vor über 30 Millionen Fans weltweit gespielt. Für viele Fans ist er absolut untrennbar mit DM verbunden. - Er macht etwas solo? Hmmm… schon verdächtig. Eine Depeche Mode Album wäre mir lieber! Das klingt anders als DM 1990? Geht eigentlich gar nicht. Aus Neugier wird dann doch mal zwei Minuten reingehört und entnervt abgeschaltet. - Wer so denkt, der ist auch beim neuen und dritten Werk, welches Dave gemeinsam mit den Soulsavers aufgenommen hat, ebenfalls wieder verkehrt. Offene Geister hingegen entdecken das Album Stück für Stück und immer wieder neu für sich. Leise und nachdenkliche Töne geben auf dem Album den Ton an.
Nun hieß es vier (!) Hürden am Einlass zu nehmen, der trotz allem äußerst freundlich und flüssig ablief. Stufe 1: Kontrolle des Start der C-App mit Start „Check In“, Stufe 2 Check des Impf-Zertifikats und des Tagestest, Stufe 3 die Sicherheitskontrolle und Stufe 4 der Einlass am Ticketschalter. Der Saal des Admiralspalast ist ein prachtvolles Art-déco-Theater mit zwei Balkon-Ebenen & aus den 1920er-Jahren für Oper, Musical, Schauspiel & Weltmusik. Was für ein Ambiente mit den in dunkles Rot getauchten Vorhängen, umlaufenden Balkonen. Es blieb nun noch genügend Zeit sich etwas umzuschauen und wie zufällig ein paar alte Freunde zu treffen. Eine besondere persönliche Freude war es mir, hier auf Anne Haffmans zu treffen und ein paar nette Worte zu wechseln. Man kennt sich schon seit 2006. Mit dem Saal-Gong werden wir an unsere Plätze gerufen. „Welcome To Imposter“ und die Spannung steigt. Dann schwebt er nach der Band förmlich in den Saal hinein und das Konzert beginnt mit „The Dark End of the Street“. Mit jeder Faser legt sich Dave in die Songs hinein. Eine Freude ihm dabei zuzusehen. Acht Musiker begleiten ihn auf der musikalischen Reise. Die siebzehn Titel umfassende Setlist beinhaltete neben dem Album „Imposter“ ebenso einige Songs von früheren gemeinsamen Platten und zwei Songs von Depeche Mode.
- Ein besonders eindrücklich vorgetragener Song ist „A Man Needs a Maid“ (Neil Young Cover). - So gefühlvoll und lediglich mit Begleitung eines Piano und dem ergänzenden Gospel aus dem Background eine bewegende Nummer mit Gänsehaut-Garantie.
- Mit „Metal Heart“ wird eines der eingängigsten Stücke von „Imposter“ präsentiert. Fast hypnotisiert hängen die Fans an seinen Lippen und mit dem Verklingen der letzten Takte brechen sich die Gefühle in frenetischem Jubel ihre Bahn.
- „Shut Me Down“ – passend zur Textzeile recken Fans die Textzeile „I miss you so much“ auf Handzetteln gedruckt in die Höhe.
- „Smile“ – you must keep on trying. Diese sehr ruhig-akustisch vorgetragene Version nur in Begleitung von Piano und Kontrabass ist ein Ohrenschmaus.
- Eine singende Gitarre zum Einstieg bei „Not Dark Yet“ und dazu Daves unnachahmliche Stimme, die sich in diesen begleitenden Sound hineinlegt. Und dann greift zum Songfinale Dave selbst zur Mundharmonika.
- „Always on my mind“, diesen Song kennt jeder in der Interpretation von Elvis Presley.
- Mit „I hope you enjoy tonight“ verabschiedete man sich vorerst von der Bühne.
Das reguläre Set ist durch, tosendener Applaus. Und nun? Selbstverständlich werden Zugaben gefordert. Der rote Hintergrund fällt und mit „Revival“ spielte die Band einen waschechter Soulsavers-Song.
Die wahren Fans kennen die Setlist der vorangegangenen Konzerte natürlich bereits und wissen, was nun kommt:
- Die Soulsavers-Version von „Personal Jesus“ beginnt in Akustik-Manier, bevor sie dann druckvoll-rockig mündet und die Menge schier zum Ausrasten und zum Aufspringen aus den bequemen Plüschsesseln bringt. Die DM-Seele ist damit also fast schon beruhigt. Und mit dem rockigen „John the Revelator“ ist sie dann vollends besänftigt.
- Die Soulsavers-Stücke "Shine" (2015) und "Take Me Back" (2012) bilden dann die perfekte Abrundung dieses intimen Konzerts.
Knapp anderthalb Stunden musikalische Ekstase gehen zu Ende. Beseelt verlasse ich die Hallen und hoffe, dass Konzerte bald wieder zur Normalität werden können. Denn auch das ist deutlich zu spüren: Konzerte sind pure Lebensfreude.

Setlist:
The Dark End of the Street (Dan Penn cover)
Strange Religion (Mark Lanegan cover)
Lilac Wine (Eartha Kitt cover)
I Held My Baby Last Night (Elmore James cover)
A Man Needs a Maid (Neil Young cover)
Metal Heart (Cat Power cover)
Shut Me Down (Rowland S. Howard cover)
Where My Love Lies Asleep (Gene Clark cover)
Smile (Nat King Cole cover)
The Desperate Kingdom of Love (PJ Harvey cover)
Not Dark Yet (Bob Dylan cover)
Always on My Mind (Gwen McCrae cover)
Zugaben:
Revival (Soulsavers)
Personal Jesus (Depeche Mode cover)
John the Revelator (Depeche Mode cover)
Shine (Soulsavers)
Take Me Back Home (Soulsavers)
Fotos: Falk Scheuring und mit freundlicher Genehmigung von Andreas Budtke
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