SCHANDMAUL - Leipzig - 2008 - Bericht
Leipzig - Haus Auensee - 21.11.2008
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Fotos: Falk Scheuring
Bericht einer „Nicht-Gläubigen“
Konzerte von Mittelalterbands, oder von Bands im Allgemeinen, sind immer ein wenig wie heilige Messen. Die Fan-Base singt jedes Lied wie einen Psalm, beweihräuchert den Priester auf der Bühne im Ledergewand, tanzt sich ausgelassen in Trance. Bei den Mittelalterbands stimmt aber zudem noch das Ambiente. Eine Gemeinschaft kommt zusammen und fühlt sich verbunden im gemeinsamen Anbeten.
Nun gehöre ich zwar ganz entfernt auch zu dieser dunklen Gemeinschaft, doch hat es mir jene Band SCHANDMAUL niemals je wirklich angetan, so dass ich mich ohne dieser speziellen Fan-Gemeinde anzugehören, eher skeptisch-rational und nicht gerade erwartungsvoll in das Haus Auensee begab.
Die Vorband „La Brass Banda“ heizten durch schnelle Trompeten ein und kühlten durch entspannten Ska-Reggae ab. Bei den ersten Reihen funktionierte es, im hinteren Teil der Halle war eher Abneigung in Bezug auf diese völlig konträre Musikrichtung zu spüren. Diese Zurückhaltung wurde allerdings später geschmälert, denn der kurze Jodelkurs der Chiemgauer brachte endlich die von der Gemeinde herbeigesehnte gute Laune in die Halle.
Als dann das konzert-eröffnende Mumak-Horn, seit dem legendären Auftritt der Haradrim in „Herr der Ringe“, beliebte Einleitung diverser Feuershows und Konzerte, erklang, wurde ich hellhörig und milde und offenherzig gestimmt. Sofort ins Ohr ging die mit einer charismatischen Aura einhergehende Melodie der Flötistin, beziehungsweise allerley Blaswerk spielenden Musikantin, namens Birgit.
Der Sänger, Thomas mit Namen, versprühte, trotz bisweilen schlechter Witze, Sympathie. Sicher auch einer der Pluspunkte für diese Band.
Interessant zu beobachten waren allerdings auch die verschiedenen Fans im Auditorium. Einem festen Mode-Subkultur-Stil Kriterium nicht untergeordnet, scheinen sich hier alle Altersgruppen, Schichten, Bereiche zusammengefunden zu haben. Auch wenn natürlich Schwarz, Plüsch-Narrenkappen und Panné-Samt dominierten. Das neu interpretierte Mittelalter: Auf der Bühne rockig verkündet, auf dem Tanzboden ausgelebt. Zwei junge Herren schwingen in Reihe fünf selbstvergessen die lange Mähne. Sehr zum Leidwesen des Glatzkopfes hinter ihnen. Dieser empfindet nicht nur Trauer beim Anblick der ihm fehlenden Haarpracht, er muß auch immer wieder das Gefühl durchlaufen, wie es ist lange Haare im Gesicht, Nacken am Kopf und in den Augen zu haben. Bei anderen Konzerten hätte es spätestens an dieser Stelle eine Rüge gegeben- nicht so hier.
Alles singt in friedlicher Eintracht. Wie ein Orchesterchor. Jede Zeile sitzt, kein Ton klingt schief, die Band geht gar halb von der Bühne und lässt das Publikum weitermachen. Ich als "Anti Fan" konnte hier nur anerkennend feststellen, dass SCHANDMAUL sich wohl eine arg treue Fangemeinde erarbeitet hat.
An dieser Stelle noch ein kleines Lob:
Freude für die Pro Nikotin Fraktion (c’est moi aussi) machte es, Matthias (so hieß er wohl), beim Paffen auf der Bühne zuzusehen. Weiter so!
Ganz unabhängig vom rein Musikalischen mein Fazit: Trotz meiner Unkenntnis und gewissen zwischenzeitlichen Längen ein gelungenes Konzert. Viele schön-schaurige Märchen am Rande, einige wunderbare Melodien, ein starker Publikumsbezug. Tatsächlich konnte man sich bei dieser Messe zeitweise in die Anderswelt versetzen.
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